Der Zukunftsbeweger!
So nennt sich die Broschüre einer Schweizer Investmentbank, die dieser Tage der Süddeutschen Zeitung beilag. Zukunftsbeweger - wenn es darum geht, seine Produkte zu verticken, schreckt man vor keiner Phrase zurück.
Die meisten Zeitgenossen, die sich für Zukunftsbeweger halten, sind letztlich nur Gegenwartsgetriebene. Schließlich geht es – nicht nur bei Investmentbanken - um Rendite, um Image und natürlich um die Geldsäckel der Kundschaft.
Was man von Phrasenbegriffen wie Zukunftsbeweger halten soll, zeigt bereits das Editorial von Geschäftsführer Werner Hedrich, Geschäftsführer bei Globalance Invest GmbH, welches mit dem schönen Titel „Ein Rundgang durch den Lebensraum Zukunft“ aufwartet und dessen Quintessenz da lautet:
„Die Welt wird nie mehr so langsam sein wie heute.“
Das soll er mir bitte selbst sagen, der Werner Hedrich. Und die Anreise bitte mit der Deutschen Bahn machen. Viel Erfolg!
„Wie empfehlen Sie Ihren 15- und 17jährigen Töchtern zu investieren?“ lässt Hedrich seinen Interviewer fragen und die Antwort lautet: „Als Erstes wünsche ich mir, dass sie in ihre eigenen Fähigkeiten und eine positive Lebenseinstellung investieren.“
Sehr schön. Eine positive Lebenseinstellung sollte für Töchter eines Hedgefond-Managers gerade noch machbar sein.
Und immer wieder kommen sie mir ihren Allerweltsweisheiten, die sich nach kurzer Investition einer Portion Nachdenklichkeit als die typischen Halbwahrheiten der Branche herausstellen: „Wer kurzfristig investiert, verliert Renditepotenzial.“ Ob, wer langfristig investiert, eventuell nicht auch ein gewisses Verlustpotenzial riskiert, keine Rede davon. Zu Risiken und Nebenwirkungen erinnern Sie sich bitte an die letzte Bankenkrise, aber fragen Sie lieber nicht ihren Investmentbanker.
Und schon kommt der nächste Allgemeinplatz: „Wir müssen das Spannungsverhältnis zwischen Wagemut und Verantwortung ernst nehmen.“
Das ist immerhin mal was Neues. Wahrheitsgemäß müsste natürlich vom „Spannungsverhältnis zwischen Wagemut und Risiko“ die Rede sein. Aber das klingt halt zu sehr nach Zockerei. Ich möchte zu gerne wissen, wie lange sie geknobelt haben, bis sie draufgekommen sind, das böse Wort RISIKO durch ein salbungsvolles VERANTWORTUNG zu ersetzen.
Aber wie fragte sich bereits der wunderbare Kleinkünstler Uli Keuler vor mehr als 40 Jahren: „Mit Wagemut in den Wandel? Oder mit Jasmin ins Tessin?“
Es ist schon interessant, in welche Innovationen Globalance Invest investiert. Als Beispiel sei hier die englische Firma Pavegen genannt, die Kinetik-Fliesen aus Hartgummi entwickelt hat.
„Mit ebendieser Innovation entsteht beim Laufen Strom. Werden die Fliesen ausgelegt, wie beispielsweise in mehreren britischen Bahnhöfen und im Londoner Flughafen Heathrow, wird durch den Druck eines Schrittes auf eine elektromagnetische Spule Strom produziert.“
Wenn sich das bei der Deutschen Bahn herumspricht, ist alles aus. Die werden uns bei Frost stundenlang über die Bahnsteige hetzen, um mit uns den zu Strom produzieren, der die vereisten Weichen auftaut, damit der verspätete ICE wenigstens irgendwann einmal den Bahnhof erreicht. Möchte ich da wirklich mit meiner Investition mit verantwortlich sein?
Gerechterweise möchte ich erwähnen, dass mir solche Anlageformen weitaus lieber sind als Fonds, die in die Rüstung investieren. Dann schon lieber nachhaltige Projekte. Aber wer mir dabei mit dümmlichen Phrasen kommt, erreicht bei mir nur eines: Ich werde mißtrauisch. Und wenn man KI-Forschung als Zukunftsinvestition betrachtet, dabei aber nur von den Chancen schwärmt, ich aber mit meiner Investition auch Risiken und Mißbrauch finanziere, dann wird mir unwohl.
Wie meint doch der „Senior Director, Produktmanagement, Goggle Claud AL“, Yariv Adan, in der Globalance-Inverst-Broschüre:
„Wir tragen Verantwortung für die Technologien, die wir erschaffen.“
Von Haftung ist schließlich nicht die Rede.