Vinschgau für Fortgeschrittene

Wer die Menschen im Vinschgau durchschauen will, der benötigt sehr viel Zeit. Der Vinschgau gehört zur EU, wobei der Italiener an sich behauptet, der Vinschgau gehöre zu Italien. Die autonome Provinz Südtirol reklamiert den Vinschgau ebenso für sich - und der Vinschgauer? Der ist vor allen Dingen Vinschgauer. Bleibt noch „der Tourist“. Er vergisst sofort den Blick fürs Große und Ganze. Er hat genügend damit zu tun, nicht im falschen Ort zu landen.

Heike Tschenett, Moderatorin der Heimatsendung „Unser Land“ auf RAI 1 – Südtirol begann vor einigen Wochen ihre Sendung mit den schon kafkaesk anmutenden Worten:
„Wir sind also jetzt in Tschars, orografisch links im unteren Vinschgau gelegen, nicht zu verwechseln mit Tarsch, das oben rechts der Etsch liegt und zu Latsch gehört. Und dann gibt es auch noch Tartsch bei Mals – also im oberen Vinschgau.“

Heike Tschenett hat es dabei belassen. Allzu verwirrend wäre es für den Durchschnittstouristen, auch noch darauf hinzuweisen, dass es im oberen Vinschgau zudem einen Ort namens Laatsch gibt, der relativ leicht mit Latsch im mittleren Vinschgau zu verwechseln ist – fast so leicht wie Tscherms und Tschengls.

Eigentlich frevelhaft, dass der Ötzi noch immer Ötzi heißt, wo er doch einige Meter von der Grenze entfernt auf Südtiroler Seite gefunden wurde, unweit einer uralten Fernverbindung über die Alpen, die sich von Schlanders kommend, durch das Schlandrauntal nach Norden zog.
Der passendere (und schönere) Name für den alten Bronzezeitler wäre eindeutig Schlandsi.